Die Vermessung der Welt von oben

Die 1965 gegründete Geoplana Ingenieurgesellschaft aus Marbach am Neckar ist ein gefragter Spezialist für Photogrammetrie, Bildflug und Fernerkundung

© Frank Herzog
Aus der Höhe sieht man viel besser.

Seit ihrer Gründung im Jahr 1965 hat sich die Geoplana Ingenieurgesellschaft mbH aus Marbach am Neckar konsequent auf die Bereiche Vermessung, Bildmessflug, Photogrammetrie und Luftbildinterpretation spezialisiert. Das zehnköpfige Team um Geschäftsführer Jens-Peter Knittel wertet heute vor allem digitale Luftbildaufnahmen aus. Mit ihren beiden Flugzeugen, die vom firmeneigenen Flugplatz aus starten, vermessen die Experten Straßen, Gebäude, Steinbrüche oder Flächen mit bis zu fünf Zentimeter Genauigkeit. Aus den gewonnenen Luftbilddaten erstellen sie Lagepläne, messen Versiegelungsflächen oder bestimmen das Volumen von Deponien. Seit zwei Jahren setzt Geoplana als weltweit erste Firma das neue Kamerasystem DMC II ein.

Präzise Landkarten, Luftbilder, Gebäude- und Oberflächenmodelle oder 3D-Objekt- und Stadtmodelle sind auf die Photogrammetrie, die dreidimensionale Auswertung der Erdoberfläche aus Luftbildaufnahmen, angewiesen. Um räumliche Objekte mit Hilfe spezieller Fotos rekonstruieren zu können wurde sie bereits im 19. Jahrhundert erfunden und eingesetzt. Diese Fotos mussten mit mehreren Messkameras aufgenommen werden. Heute wird die Photogrammetrie vor allem für die Herstellung von Landkarten sowie von digitalen Landschaftsbildern verwendet und erfolgt aus der Luft mit nur einer Kamera aus verschiedenen Perspektiven. Die Geoplana Ingenieurgesellschaft mbH aus Marbach am Neckar in der Region Stuttgart hat sich seit ihrer Gründung im Jahr 1965 konsequent auf die Bereiche Photogrammetrie und Fernerkundung spezialisiert und gehört heute zu den wenigen Unternehmen in Deutschland, die die gesamte Produktionslinie von der terrestrischen Vermessung über den Bildflug und die Luftbildauswertung bis hin zur Lieferung der fertigen Daten aus einer Hand anbieten. Zudem setzt Geoplana als weltweit erstes Unternehmen die neue digitale Kamera DMC II, die in Aalen gebaut wurde, für die Digitalbefliegung mit eigenen Flugzeugen ein.

Von der Waschküche zur digitalen Bildbearbeitung

Geoplana beschäftigt heute zehn Mitarbeiter, allesamt hochkarätige Spezialisten verschiedenster Disziplinen. "Bei uns arbeiten Vermessungsingenieure, Geologen, Geografen, Photogrammetrie-Operateure, Betriebswirte, Kartografen, Wirtschaftsingenieure und Informatiker", erklärt Jens-Peter Knittel, Geschäftsführer von Geoplana. "Als mein Vater 1965 anfing, war er allein, er machte die Vermessungsflüge und wertete die Bilder selbst aus." Zur technischen Anfangsaustattung gehörte damals eine riesige Filmkamera, die auf der Unterseite des Flugzeugs befestigt wurde. In der Waschküche seines Wohnhauses hatte der Gründer Rudolf G. Knittel, der ursprünglich aus der Fliegerei kam und in den 1950er und 60er Jahren Flugmotoren bei Porsche entwickelte, ein einfaches Fotolabor für Filmentwicklung und Schwarz-Weiß-Kontaktabzüge eingerichtet. Als 1971 der Platz knapp wurde, folgte der Umzug in ein großes Bürogebäude in Marbach-Rielingshausen. Geflogen wurde damals vom Flugplatz Schwäbisch-Hall aus über ganz Deutschland und die angrenzenden Staaten. Da Geoplana in den 1970er Jahren rasant wuchs, wurde ein firmeneigener Flugplatz eingerichtet. "Damals hatten wir rund 75 Mitarbeiter und kümmerten uns um internationale Großprojekte im Irak und auf Haiti", erinnert sich Jens-Peter Knittel, der nach einem Schlaganfall des Vaters 1989 in die elterliche Firma einstieg. "Eigentlich wollte ich Wirtschaftsingenieurwissenschaften studieren, die Firma ging aber vor."

160 Kilo, 300 Megapixel, Genauigkeit auf fünf Zentimeter

Das Team, zu dessen Hauptaufgaben neben dem Bildflug und photogrammetrischen Auswertungen auch Versiegelungs-, Grünflächen-, Baumkataster- und 3D-Stadtmodelle, digitale Bildverarbeitung und Orthophotos gehören, entwickelt natürlich längst nicht mehr Filme im Entwicklerbad, sondern arbeitet mit modernster Software am Computer. Auch das über 200 Kilogramm schwere Monstrum von Kamera unter dem Flugzeug ist fast schon vergessen. Die neue digitale Kamera DMC II wiegt "nur noch" 160 Kilogramm und schafft eine Auflösung von 300 Megapixeln. "Wir messen Straßen, Gebäude, Steinbrüche usw. immer in 3D, je nachdem wie hoch man fliegt, geschieht das mit bis zu fünf Zentimeter Genauigkeit", erklärt Jens-Peter Knittel. "Dennoch sind wir keine Landvermesser, sondern machen die Entwurfsvermessung. Vor dem Flug werden die Strecke und die Auslösepunkte programmiert, dann fliege ich die mir angezeigten Flugstreifen ab und die Kamera löst an den vorgegebenen Punkten automatisch aus."

250 Flugstunden pro Jahr absolviert Jens-Peter Knittel in seiner Cessna 340 oder der Cessna 180. "Nur" 250 Stunden weil die Wetterverhältnisse den Bildflug häufig nicht zulassen. "Der Sonnenstand spielt immer eine Rolle, im Winter etwa können die langen Schatten stören, manche Kunden wünschen Fotos mit Belaubung, andere ohne. Für einen wolkenlosen Himmel gibt es keine Garantie", so Jens-Peter Knittel. "Eigentlich muss ich immer in Bereitschaft sein, Urlaub planen geht gar nicht." Da die Bildflugzeuge vom eigenen Flugplatz aus starten, der heute nur wenige hundert Meter vom Büro entfernt ist, kann auch bei kritischen Wettersituationen die Entscheidung für einen Einsatz kurzfristig getroffen werden. Aus den gewonnenen Luftbilddaten erstellen die Spezialisten von Geoplana Kontaktabzüge, Vergrößerungen, Ausbelichtungen oder Plots. Die maximal mögliche Vergrößerung liegt bei 7,5 auf 2,5 Meter.

Hamburg als erstes 3D-Stadtmodell

Neun von zehn Aufträgen bekommt Geoplana von der Öffentlichen Hand, die übrigen zehn Prozent kommen aus der Industrie. Beeindruckende Beispiele sind etwa die 3D-Modelle von Gebäuden des Automatisierungstechnikers Festo in Esslingen oder die Vermessung von Kohledeponien des Energiekonzerns EnBW. Ein besonders interessanter Auftrag kam vor ein paar Jahren aus dem Hohen Norden: Hamburg wollte ein 3D-Modell der kompletten Hansestadt haben. "Die Hamburger waren die ersten, die so etwas machten", sagt Jens-Peter Knittel. "Das war Neuland für uns und extrem aufwändig." Je nach gewünschtem Detailgrad konnten neben sämtlichen Dachformen auch alle Dachaufbauten digitalisiert werden. Wurden die so gewonnenen Dachelemente mit senkrechten Mauerflächen versehen, konnten die Gebäude mit der geeigneten Software realitätsnah visualisiert werden. Zwar liegt die Zeit der lukrativsten Aufträge schon ein paar Jahre zurück, doch Geoplana kann sich gegenüber vielen international agierenden Wettbewerbern, die ihre Luftbilddaten in Indien oder Osteuropa billig auswerten lassen, sehr gut behaupten. "Für uns kommt das nicht in Frage, wir sind eine der letzten Firmen in diesem Bereich, bei denen noch alles ,Made in Germany" ist", betont Jens-Peter Knittel. "Unsere Kunden schätzen die kurzen Wege und Lieferzeiten sehr."

http://www.geoplana.de