Das Mehrgenerationenhaus

© raumzeit3 | Judith Schenten Anna-Haag-Haus (Foto: raumzeit3 | Judith Schenten)
Anna-Haag-Haus (Foto: raumzeit3 | Judith Schenten)
Im Idealbild einer bäuerlichen Vorzeit lebte die Großfamilie unter einem Dach. Für alle war gesorgt: Die Eltern brachten das Brot auf den Tisch, die Großeltern kümmerten sich um die Kleinsten, die Gesunden um die Gebrechlichen. Mit der industriellen Revolution begann der Niedergang des Modells, heute verbringen viele Senioren den Lebensabend im Heim, die Kleinen sind im Kindergarten bestens versorgt – und jede Generation bleibt unter sich. Was aber, wenn Jung und Alt den Alltag wieder gemeinsam meisterten?
Schon 1951 gründete die Stuttgarter Frauenrechtlerin Anna Haag in Bad Cannstatt das erste Mehrgenerationenhaus Deutschlands – das damals freilich noch nicht so hieß. Ihr „Wohnheim für alleinstehende Mädchen und Frauen“ beherbergte auch ein Jugendhaus, eine Jugendbücherei, mehrere Bastelstuben, Werkstätten und Räume zur Betreuung von Kindern aus der Nachbarschaft – eine Idee war geboren, die sich im ganzen Land ausbreitete.
Bis heute ist das Anna-Haag-Mehrgenerationenhaus mit seinem Seniorenzentrum, Kita, Bildungsstätte und betreutem Wohnen für Jugendliche wegweisend. Die transparenten Räume des von der Architektenkammer als beispielhaft ausgezeichneten Neubaus fördern Alltagsbegegnungen; Angebote vom gemeinschaftlichen Gärtnern bis zum „intergenerativen Frühstück“ bringen Jung und Alt ganz selbstverständlich zusammen – wie einst zu Zeiten der Großfamilie. Nur dass die Mutter heute „Generationen- und Quartiersmanagerin“ heißt.