Die Fotoecke

Eine Erfindung aus der Region Stuttgart: die Fotoecke  (Bild: Herma)
Eine Erfindung aus der Region Stuttgart: die Fotoecke (Bild: Herma)

In den 1930er-Jahren machte ein neuer Trendsport von sich reden: das Fotografieren. Denn der „Fotosport“, wie das neuartige Hobby damals bezeichnet wurde, erlebte in dem Maße einen Aufschwung, wie der Fotoapparat für viele erschwinglich wurde. Der neue Breitensport bildete die Grundlage für den beispiellosen Aufstieg einer bis dahin kleinen Druckerei in Stuttgart-Wangen. Inhaber Heinrich Hermann hatte die Idee, das Einkleben in die Alben mittels durchsichtiger Fotoecken zu erleichtern. Der entscheidende Unterschied zu den vorhandenen Konkurrenzprodukten: Er bettete Cellophan zwischen zwei Papierlagen ein – und meldete am 5. März 1930 das Patent für ein deutlich verbessertes Produkt an. Durch die Klarsichttasche war die Fotoecke selbst fast unsichtbar – der Name Transparol, der sich bis heute erhalten hat, war Programm.

Knapp ein halbes Jahr später gelang mit eigens konstruierten Maschinen der Einstieg in die Massenproduktion. Die hohen Stückzahlen verschafften Hermann den notwendigen Vorsprung vor der Konkurrenz, deren Atem er bereits im Nacken spürte. Von der Leipziger Herbstmesse brachte er Bestellungen für 200.000 Kartons mit. 1935 erzielte die Heinrich Hermann Papierwarenfabrik mit Fotoecken die Hälfte ihres Umsatzes. Ein weiterer Wachstumsschub folgte 1954, als die später in Herma umbenannte Firma im eigenen Labor eine Haftgummierung entwickelte, die die Herstellung einer selbstklebenden Fotoecke ermöglichte. Diese wurde schon kurze Zeit später zur beliebtesten Fotoecke in Deutschland und vielen weiteren Ländern Europas.

In diese Ära fällt auch eine weitere richtungweisende Innovation: Als erstes deutsches Unternehmen fertigte die Firma selbstklebende Etiketten. Diese waren für die Preisauszeichnung im Einzelhandel unverzichtbar und schufen damit die wichtigste Voraussetzung für den Siegeszug der Selbstbedienung. Auch heute ist Opas Fotoecke mitsamt ihren Nachfolgern längst nicht tot. In die Alben werden neuerdings neben Fotos noch weitere Erinnerungsstücke oder Accessoires eingeklebt. „Scrapbooking“ heißt dieses aufwändige und kreative Gestalten von Alben – Basteln als Trendsport.