Ein MP3-Player aus Holz

Das Unternehmen Winzki aus Frickenhausen in der Region Stuttgart schafft es, Kinder nachhaltig zu begeistern

© Winzki Hörbert: Ein MP3-Player aus Holz
Mit "Hörbert" schafft es das Unternehmen Winzki aus Frickenhausen in der Region Stuttgart, Kinder nachhaltig zu begeistern

Rainer Brang hatte genug vom Wegwerf-Spielzeug seiner Söhne. Also gründete er in Nürtingen die Firma Winzki und produziert seitdem hochwertige MP3-Player für Kinder – sogenannte Hörberts. 2016 hat ihn die KfW-Bank zum baden-württembergischen Gründerchampion gekürt.

14 Monate tüftelte der Familienvater, bevor der erste Hörbert „vom Band“ ging. „Das war vor knapp sieben Jahren“, erinnert er sich. Seitdem haben der Schwabe und sein inzwischen 17-köpfiges Team knapp 10.000 Exemplare des Holzplayers in Kinderschuhkartongröße verkauft. 2017 sollen schon 15.000 Stück vom Werktisch gehen. Optisch ist der Musikspieler eine Mischung aus Kofferradio und Kinderspielzeug. Design und Ausstattung sind minimalistisch gehalten. Neun bunte Tasten auf der Vorderseite steuern jeweils eine Playlist.

Qualität durch schwäbische Handarbeit

Der Unternehmenssitz in Frickenhausen bei Nürtingen ist bewusst gewählt: „Im Süden sitzen Lieferanten, Händler und Kunden, die uns mit Herzblut unterstützen“, sagt Inhaber Brang. Drei Viertel der Bauteile kommen aus Deutschland, viele aus Baden-Württemberg und Bayern. So liefert ein Frickenhäuser Unternehmen weichmacherfreie Kabel. Das Holzgehäuse schreinert ein Betrieb aus dem Neckartal. Die Platine kommt aus dem bayerischen Wald und die Edelstahl-Gitter fertigt ein Metallbauer in Mecklenburg-Vorpommern. „Gibt’s Probleme, sparen wir uns langwieriges Hin- und Herschicken“, erklärt der 42-Jährige. Stattdessen sucht Brang den persönlichen Kontakt, tüftelt beispielsweise einen halben Tag mit dem Lieferanten an der richtigen Form des Drehknopfs, der die Lautstärke regelt. Die bunten Tasten findet er bei einem Automobilzulieferer in Dänemark. Nur den Lautsprecher fertigt Visaton in Asien.

Langlebigkeit schlägt Wegwerf-Konsum

Der Player im Kofferradio-Design steht für einen gesellschaftlichen Wertewandel. „Statt schnellem Konsum für kleines Geld, sind Hörbert-Käufer und -Verschenker an langer Lebensdauer und Umweltschutz interessiert“, weiß Diana Marks, Inhaberin des Kinderbedarfshops Motchis in Stuttgart. Dafür bezahlen sie einen zehnfach höheren Preis. Billige Geräte aus Plastik sind im Internet für 20 Euro zu haben. „Sie wollen aber auch die zehnfach längere Nutzbarkeit“, begründete die Händlerin. Seit drei Jahren gehört das im schlichten Design gehalten Spielmöbel zu ihrem ausgewählten Sortiment an Baby- und Kinderartikeln. Aufgrund der hohen Herstellungskosten bleibt Händlern eine Marge von gut 20 Prozent. Zu wenig für die Spielwarenbranche. Üblich ist dort ein Aufschlag von 200 bis 300 Prozent. Trotzdem steht Hörbert bei immerhin 25 auf Nachhaltigkeit spezialisierten deutschen Einzelhändlern im Verkaufsraum. Brang setzt aber vor allem auf Direktvertrieb. 75 Prozent der Kunden bestellen Hörbert über den firmeneigenen Onlineshop. Den Rest decken Verkaufsplattformen wie Amazon ab.

Ein Geschenk zum Vererben

Den Hauptkundenstamm bilden junge Väter und Mütter, die Wert auf Natürlichkeit legen. Dazu gehört auch Familie Schmid aus Stuttgart. Vater Markus hat die Musikkiste für seine Töchter bestellt. „Der Player ist robust“, begründet er praktisch. Stürze und Stöße steckt das Klangwunder mühelos weg. Im Museum of Modern Art in New York stand die Holzmusikbox in einem Kunst-Labor für Kinder, unter dem Motto: Anfassen, Ausprobieren, Benutzen. 38.000 Besucher hat er schon überlebt. Sollte doch einmal etwas kaputt gehen, gestaltet sich die Reparatur dank simpler Technik als Kinderspiel. Alle Komponenten können nachbestellt oder vom Hersteller einzeln getauscht werden.

Lautstärkeregler für Eltern

Im Inneren des Geräts befindet sich eine Lautstärkebegrenzung, mit der Eltern die Kontrolle behalten. „Das schont unsere Nerven“, schmunzelt Schmid. Vor fünf Jahren zog Hörbert ins Kinderzimmer seiner damals Dreijährigen ein. Noch heute ist die Familie begeistert. „Hörbert fährt überall mit hin, regt zum Mitsingen und Mittanzen an“, erzählt der Vater. Und sogar die grauen Zellen werden geschult: „Unsere Kleine weiß genau, welche Lieder oder Geschichten hinter welchem Knopf warten“, freut sich Schmid.

Hörbert-Unikate erwünscht

„Wer will kann sich selbst einen Hörbert bauen“, erzählt Brang. Denn seine Elektronik ist als Bausatz erhältlich. Dieser kommt beispielsweise in Werkstätten der Sonderpädagogik zum Einsatz oder zuhause in Opas Werkstatt. Wenn Kinder Hörbert-Technik, sprich Platine, Kabel, Knöpfe und Lautsprecher, statt in eine Buchenholzkiste in eine alte Schmuckkiste schrauben, erlebt das Brang’sche Wertemodell seine Sinnhaftigkeit.

hoerbert.com

© Bild: Winzki
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