Dem Feuer die Luft abgedreht

LSU Schäberle aus Stuttgart-Weilimdorf setzt auf umweltfreundliche Logistik

In Thomas Schäberles Hallen haben Funken keine Chance.

Eine nachhaltige Wirtschaftsweise ist kein kurzlebigen Trend, sondern eine Einstellung, die in verschiedenen Wirtschaftszweigen zunehmend an Bedeutung gewinnt. Für die deutsche Logistikbranche, die mit einem geschätzten Umsatz von 222 Milliarden Euro Transportweltmeister ist, bieten sich zahlreiche Chancen, diese Entwicklung aufzugreifen. Unternehmer aus der Region Stuttgart haben erkannt, dass die Kombination aus ökologischem und ökonomischem Handeln in vielerlei Hinsicht Vorteile bringt.

Einer von ihnen ist Thomas Schäberle, Geschäftsführer der LSU Schäberle Logistik GmbH aus Stuttgart Weilimdorf. Er leitet das Familienunternehmen in zweiter Generation und weiß um die Bedeutung der Nachhaltigkeit im emissionsreichen Transportwesen. Darum hat er in den vergangenen Jahren zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um sich im Bereich grüne Logistik zu en-gagieren.

LSU Schäberle, nach eigenen Angaben einer der größten Gefahrgut- und Chemiedienstleister in Europa, transportiert und lagert leicht entzündliche Stoffe aus der chemischen und pharmazeutischen Industrie. Die Lagerhallen in Stuttgart haben Kapazitäten für 50.000 Paletten, von denen 40.000 Plätze für Gefahrstoffe reserviert sind. Die Decken der meisten Hallen sind mit Sprinklern ausgestattet, die im Brandfall entweder Kohlendioxid abgeben oder Schäume verteilen, welche die Flammen löschen. Glücklich ist Schäberle aber mit keinem der beiden Systeme, denn sie haben empfindliche Nachteile. CO2 ist toxisch und kühlt die Umgebung auf Minus 20 Grad, der Löschschaum hingegen ätzend, was seine Entsorgung problematisch macht. Keiner der Stoffe darf in die Umwelt oder ins Grundwasser gelangen, darum sind die Hallenteile abtrennbar und der Boden speziell versiegelt. Im Falle eines Brandes erfüllen die Sprinkler zwar ihren Zweck, doch alles, was mit Schaum oder Kohlendioxid in Berührung kommt, wird unbrauchbar – entweder durch Kälte oder durch Chemikalien. „In jedem Fall ist der Warenschaden enorm“, erklärt Schäberle.

Weil Prävention besser als jegliche Schadensbekämpfung ist, hat LSU Schäberle 2006 ein innovatives, vollautomatisches Hochregallager in Betrieb genommen, das ein Beispiel für grüne Logistik ist. Unter 24 Meter hohen De-cken finden 13.500 Paletten mit leicht entzündlichen Gütern Platz, doch um einen Brand muss sich niemand Sorgen machen, denn Flammen können gar nicht erst entstehen. Grund dafür ist der niedrige Sauerstoffgehalt der At-mosphäre. Normale Atemluft enthält etwa 21 Prozent Sauerstoff, dieser wird durch eine ausgeklügelte Filteranlage, das sogenannte Oxy-Reduct-System, entzogen, so dass nur noch 12 Prozent und eine dementsprechend höhere Menge an Stickstoff verbleiben. Vergleichbar ist dies mit den Verhältnissen auf einem 4.000 Meter hohen Berg – auch da fällt das Atmen schwer.

Selbst die Flamme eines Feuerzeugs erlischt

Der Sauerstoffgehalt ist so gering, dass sich nicht einmal die Flamme eines Feuerzeugs entzündet. Eine spezielle Isolierung des Gebäudes sorgt dafür, dass die aufwändig erzeugte Atmosphäre im Inneren des Lagers bleibt. Rein oder raus können Paletten nur über zwei kleine Öffnungen, die sich sofort wieder schließen. Da diese Umgebung für den Menschen schädlich ist, funk-tioniert das Lager vollautomatisch, lediglich zu Wartungszwecken wird es von Mitarbeitern betreten. Atemmaske und Sauerstoffflasche gehören dann zu ihrer Grundausstattung.

Für dieses Brandverhütungskonzept wurde das Unternehmen 2006 mit dem Innovationspreis Gefahrgut ausgezeichnet. Darauf ist Schäberle stolz – wie auf alle Maßnahmen, die LSU Schäberle unternommen hat, um ökologisch und ökonomisch zu handeln. Neben der umweltschonenden Aufbewahrung ist für das Unternehmen Energieeinsparung ein wichtiger Ansatz. „Grüne Lo-gistik bedeutet vor allem Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit“, sagt Schäberle. „Es ist unser Job, dass von den Ressourcen möglichst wenig verbraucht werden.“ Sparsam, schnell und sicher – diese Anforderungen stellt die Branche an die agierenden Dienstleister. „Wir leben von Schnellig-keit, nicht von der schieren Größe. Die Schiene ist heute aber viel zu lang-sam – leider“, sagt er. Daher verlassen die meisten Güter das Firmengelände in Stuttgart auf dem See- oder Landweg, per Luftfracht wird nur ein geringer Teil transportiert. Fahrern und Fuhrpark kommt große Bedeutung zu, wenn es darum geht, Emissionen zu vermeiden. Route und Fahrzeug werden deshalb aufeinander abgestimmt, zudem absolvieren die LKW-Fahrer spezielle Schulungen, in denen sie lernen, Kraftstoff zu sparen. Insgesamt sorgen bei der LSU Schäberle 330 Beschäftigte dafür, dass Güter ihr Ziel in 46 Ländern der Welt erreichen.

„Unfallvermeidung ist gelebter Umweltschutz“

Bei einem Dienstleister, der hauptsächlich mit hochentzündlichen Stoffen umgeht, ist Vorsicht besser als Nachsicht. „Unfallvermeidung ist gelebter Umweltschutz“, erklärt der Geschäftsführer. Damit die Mitarbeiter wissen, was in gefährlichen Situationen zu tun ist, hat das Unternehmen 2011 eine firmeneigene Akademie gegründet, die sie für den Ernstfall trainiert.
Von diesem Angebot profitieren auch die Mitarbeiter anderer Firmen, da sich das Schulungsangebot an Dienstleister aus der Transportbranche richtet. Mittlerweile kommt es so gut an, dass fast jeden Tag ein Seminar stattfindet. Als Dozenten hat Schäberle zwei langjährige Mitarbeiter eingesetzt, die nicht nur in den eigenen Räumlichkeiten lehren, sondern den Kunden vor Ort Un-terstützung anbieten. Schließlich besteht eine Transportkette aus vielen Gliedern – vom Verpacken bis zum Abladen -, die reibungsfrei ineinander greifen müssen. „Aus der Praxis für die Praxis“ lautet das Motto.