Am Anfang waren Zwillinge

Vor 35 Jahren begann die Ludwigsburgerin Erika Hoffmann, Babytragetücher in Deutschland populär zu machen. Heute liefert die Didymos Erika Hoffmann GmbH diese Tücher in alle Welt.

© Didymos Erika Hoffmann GmbH

Als die Ludwigsburgerin Erika Hoffmann vor 35 Jahren nach einer Möglichkeit suchte, ihre neu geborenen Zwillinge komfortabel am Körper tragen zu können, dachte sie nicht an die Gründung eines eigenen Unternehmens. Sie hatte von Babytragetüchern der mexikanischen Ureinwohner gehört und bestellte sich eines. Damals war diese Praxis in Europa völlig unbekannt, entsprechend groß war das Aufsehen, das Erika Hoffmann erregte. Aus dem zunächst privaten Anliegen entstand bald die unternehmerische Idee, auch anderen Eltern Tragetücher anzubieten. Inzwischen ist aus dieser Initiative ein Familienbetrieb geworden, der sechzehn Mitarbeiterinnen beschäftigt: Als europäischer Marktführer liefert die Didymos Erika Hoffmann GmbH Babytragetücher in alle Welt. Produziert wird in Familien geführten Spinnereien, Färbereien und Webereien in Süddeutschland und dem benachbarten Ausland nach streng ökologischen Richtlinien. Die heute propagierte Tragemethode wird von vielen Kinderärzten und Orthopäden empfohlen.

Mütter – und manchmal auch Väter -, die ihre Babys nach der Tradition von Naturvölkern in speziellen Tüchern eng am Körper tragen, sind heutzutage ein vertrauter Anblick. Als Erika Hoffmann sich Anfang der 1970er Jahre ein solches Tuch aus Mexiko kommen ließ, erntete sie vor allem skeptische Blicke. „Ich hatte schon zwei Kinder, und als die Zwillinge Tina und Lisa kamen, musste ich mir et-was einfallen lassen, um mich ohne Einschränkung bewegen zu können“, sagt Erika Hoffmann. „Damals waren Babytragetücher in Deutschland bestenfalls aus Reportagen über Eingeborenenstämme bekannt, entsprechend waren viele Kommentare, die ich zu hören bekam.“
Heute ist die Didymos Erika Hoffmann GmbH mit Sitz in Ludwigsburg in der Region Stuttgart europaweit Marktführer für Babytragetücher. Dass aus der Suche nach einer Lösung für das Tragen der eigenen Zwillinge ein Geschäft geworden ist, war eher Zufall. Ein Artikel in einer großen Illustrierten über die junge Mutter mit ihren innovativen Tragetüchern erschien im Jahr 1972 und führte zu 550 Anfragen aus ganz Deutschland. Erika Hoffmann packte die Chance beim Schopf und suchte sich geeignete Webereien. Während die Kinder schliefen, bastelte sie die ersten Werbeprospekte für die geplante Kleinserie. Ein Name für das „Einfrauunternehmen“ war schnell gefunden: das griechische Wort für Zwilling: Didymos. Bis die Namensgeber – die Hoffmann“schen Zwillinge also – ins Teenageralter kamen, betrieb die Mutter das Geschäft nebenher: „Die Familie stand für mich immer im Vordergrund, es war mir aber ein Anliegen, diese Idee des Baby-Tragens populär zu machen.“

Bestellungen aus Japan, USA – und der Ursprungsregion Lateinamerika

Auch auf die Meinung medizinischer Experten konnte sich Erika Hoffmann bald stützen: Orthopäden halten den flexibel regulierbaren Spreizsitz, den ein auf der Hüfte getragenes Tuch ermöglicht, für die Ausreifung des Hüftgelenks für vorteilhaft; Psychologen betonen den Wert der engen Eltern-Kind-Bindung.
Im Laufe der Jahre hat Erika Hoffmann das Babytragetuch kontinuierlich weiter entwickelt und verschiedene neue Trageweisen, etwa auf dem Rücken und vor der Brust sowie alternative Bindetechniken ausprobiert. Die Materialbeschaffenheit wurde in Zusammenarbeit mit Webereien optimiert.
Kein Zweifel: Das Vorbild von Erika Hoffmann hat Schule gemacht. Im umfangreichen Sortiment von Didymos gibt es heute Tragetücher in unterschiedlichsten Mustern, Größen und Materialzusammensetzungen. Sie werden in alle Welt exportiert, denn längst schätzen auch Eltern in den USA und Asien – Japan vorneweg – die Didymos-Produkte. Bestellungen kommen selbst aus Lateinamerika, der eigentlichen Ursprungsregion. Der Vertrieb läuft zum Großteil über das Internet, aber auch die persönliche Beratung am Telefon ist nach wie vor gefragt.
Am Firmensitz in der Nähe des Ludwigsburger Bahnhofs gibt es neben den Büroräumen und dem Lager auch ein Ladengeschäft für Kinderausstattung, das Erika Hoffmanns älteste Tochter Anna leitet. Tina Hoffmann, eine der Zwillingsschwestern und als eines der beiden ersten deutschen Tragetuchbabys gewissermaßen von Geburt an mit dem Thema vertraut, trat vor zehn Jahren in die Firma ein und führt inzwischen das operative Geschäft, während sich die Gründerin auf die Werbung konzentriert. Sogar die Enkelkinder kommen immer mal wieder zu einem kleinen Einsatz – als Fotomodelle. So ist Didymos im wahrsten Sinne des Wortes ein Familienbetrieb.
Weil Erika Hoffmann von Beginn an Wert auf Sozialverträglichkeit gelegt hat, wurde ihr Unternehmen mit dem Ersten Preis beim baden-württembergischen Landeswettbewerb für frauen- und familienfreundliche Betriebe ausgezeichnet. Die sechzehn Mitarbeiterinnen, darunter drei Auszubildende, sind in den Bereichen Einkauf, Buchhaltung, Lager, Versand, Werbung, Fakturierung, Bestellungswesen sowie in der Beratung tätig.

Produktion des „Originals“ nach streng ökologischen Richtlinien

Bis in die 1990er Jahre hinein hatte Didymos bei Babytragetüchern eine Monopolstellung, inzwischen gibt es weitere Anbieter auf dem Markt. Sehr viele Kunden legen aber großen Wert auf das Original. „Wir haben eben den Standard gesetzt, was die Qualität angeht“, sagt Tina Hoffmann selbstbewusst. In der Diagonalen elastisch und in der Quere stabil müsse das wie ein Parallelogramm geformte Tuch sein, erklärt sie. Die Webtechnik und die Auswahl der Garne spiele eine wesentliche Rolle. Details wie die doppelt gesäumten Kanten kennzeichnen ein qualitativ hochwertiges Babytragetuch von Didymos, für das je nach Ausführung und Größe zwischen 49 und 127 Euro bezahlt werden.
Noch wichtiger als die Verarbeitung sei das Material, so Tina Hoffmann. So stammt die verwendete Baumwolle aus kontrolliert biologischem Anbau, die Schurwolle aus kontrolliert biologischer Tierhaltung. Produziert wird in Spinnereien, Färbereien und Webereien in Süddeutschland und im benachbarten Ausland nach europäischen ökologischen Standards und unter Berücksichtigung der Sozialverträglichkeit im gesamten Herstellungsprozess. An die – in der Textilbranche weithin übliche – Produktion in Billiglohnländern wird kein Gedanke verschwendet. „Die konsequente ökologische Ausrichtung vom Ausgangsmaterial bis zur Produktion ist für Didymos ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal“, sagt Tina Hoffmann. Deshalb hat Didymos inzwischen auch den Umweltpreis des Landes Baden-Württemberg bekommen.
Obwohl das Hauptprodukt natürlich längst ausgereift ist, bringt Didymos immer wieder Neuheiten auf den Markt wie die Tragetuchjacke oder das in Zusammenarbeit mit dem Stuttgarter Olgahospital entwickelte „Känguru-Tuch“ für Früh-geborene.
Noch in diesem Jahr wollen die Ludwigsburger Unternehmerinnen die Didymos-Stiftung gründen, die sich für die Interessen von Kindern engagieren soll.

Didymos Erika Hoffmann GmbH:
Erika Hoffmann (Gründerin)
Alleenstraße 8, 71638 Ludwigsburg
Tel. 07141-7571-22
E-Mail erika.hoffmann@didymos.de, www.didymos.de