Rioja vom Käsberg

Die spanische Rebsorte Tempranillo soll Steillagen am Neckar retten

© Johannes Bertsch Steillage am Mundelsheimer Käsberg (Bild: Johannes Bertsch)
Steillage am Mundelsheimer Käsberg (Bild: Johannes Bertsch)

Schwäbische Wengerter sind Zuwanderung gegenüber traditionell aufgeschlossen. Chardonnay, Cabernet Sauvignon, Merlot, Sauvignon Blanc, ganz zu schweigen von den Burgundersorten verschiedenster Färbung – zahlreiche Reben mit Migrationshintergrund gedeihen prächtig an Württembergs Hängen. Selbst der Inbegriff schwäbischen Weins, der Trollinger, stammt ursprünglich aus Südtirol. Zu dieser langen Liste gesellt sich jetzt ein Spanier: Am Mundelsheimer Käsberg wachsen seit April Rebstöcke der Sorte Tempranillo, ein Novum in ganz Württemberg. Der Tempranillo wurde 2015 erstmals in Deutschland zugelassen und ist als Hauptbestandteil des berühmten Riojaweines aus Nordspanien bekannt.

Zu verdanken ist der Neuzugang neun Männern im gesetzten Alter, die als Banker, Ärzte und Juristen zumindest auf der Erzeugerseite allesamt fachfremd sind. Der Freundeskreis um Dr. Herbert Müller, ehemaliger Präsident der IHK Region Stuttgart, hat das „Consortium Montis Casei“ gegründet – benannt nach dem Käsberg – und dort sowie am Hessigheimer Wurmberg einen halben Hektar Steillagen erworben. Jetzt lässt die Herrenrunde im Neckartal international renommierte Rebsorten anbauen, wie etwa Cabernet Franc, Merlot, Syrah und eben den Tempranillo. Ihre Motivation ist die Liebe zur Landschaft: „Wir wollen mit den höheren Erlösen aus hochwertigen Weinen den landschaftstypischen Steillagenanbau am Neckar erhalten“, erklärt Müller. Denn mit dem allgegenwärtigen Trollinger lasse sich langfristig nicht genug verdienen, um die aufwändig zu bewirtschaftenden steilen Hanglagen zu bewahren. Konsequenterweise haben die frischgebackenen Weinbergbesitzer den Trollinger komplett entfernt und von ihrem Partner im Weinberg, dem Hessigheimer Weingut Faschian, internationale Edelreben pflanzen lassen. Karsten Faschian hat mit seinem Team über 2.100 Weinstöcke eingesetzt, davon 450 der Sorte Tempranillo. „Wie sie sich entwickeln, da müssen wir uns überraschen lassen. Aber aus ihrer spanischen Heimat sind sie karge Böden und viel Sonne gewohnt, sie müssten bei uns im Neckartal gut gedeihen“, zeigt sich der Wengerter optimistisch.

Im Herbst 2018 sollen die heute einjährigen Stöcke erste Trauben tragen, ein Jahr später die fertigen Flaschen zum Verkauf stehen. Zunächst noch als Cuvée, aber wenn die Pflanzen erst ihren vollen Ertrag liefern, plant Faschian einen „schwäbischen Rioja“ aus sortenreinem Tempranillo – für unter 20 Euro pro Flasche.

Bis zur eigenen Ernte wollen Müller und seine Freunde den umliegenden Winzern Wein, der nach Qualitätskriterien des Konsortiums erzeugt wurde, abnehmen und unter dem Gütesiegel Consortium Montis Casei auf dem Markt positionieren. Karsten Faschian hat bereits heute einen CMC-Zweigelt im Angebot, die Weingüter Herzog von Württemberg, die Lauffener Weingärtner sowie das Hessigheimer Weingut Eisele folgen mit eigenen Kreationen. Zugunsten der Steillagen sind hier traditionelle Württemberger Weinsorten ebenso mit von der Partie wie französische und spanische Zuwanderer – nur die Qualität muss stimmen.

montis-casei.com