Neues aus der „Erfinderküche“

Mit hochfliegenden Ideen gehört die TAO Group aus Stuttgart zu Deutschlands Innovationselite

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© KD Busch/compamediaBeim Innovationswettbewerb Top 100 ist die TAO Group aus Stuttgart kürzlich als eines der innovativsten Unternehmen des deutschen Mittelstands ausgezeichnet worden (Foto: KD Busch/compamedia)
Beim Innovationswettbewerb Top 100 ist die TAO Group aus Stuttgart kürzlich als eines der innovativsten Unternehmen des deutschen Mittelstands ausgezeichnet worden (Foto: KD Busch/compamedia)

Beim Innovationswettbewerb Top 100 ist die TAO Group aus Stuttgart kürzlich als eines der innovativsten Unternehmen des deutschen Mittelstands ausgezeichnet worden. Die Stuttgarter Ingenieurfirma feiert gleichzeitig ihr 15-jähriges Bestehen. Gegründet wurde es von Prof. Dr. Bernd Kröplin, der zuvor lange an der Universität Stuttgart lehrte.

TAO steht für Trans Atmospheric Operations – und der Name ist Programm. Die hochfliegenden Ideen des Stuttgarter Hightech-Unternehmens sind überall gefragt. Ob es sich um das Solarluftschiff „Lotte“ handelt, den Gleitfallschirm „Alf“, mit dem Hilfsgüter über Katastrophengebieten abgeworfen werden können, um energieeffiziente Gebäude, die Sonnenenergie des Sommers für den Winter speichern, oder in fünf Minuten nachladbare Batterien, die eine Reichweite von 300 Kilometern Fahrspaß garantieren.

Hightech-Himmelsdrachen

Innovations-Star des Unternehmens ist der in 20 Kilometer Höhe fliegende „SkyDragon“ für Telekommunikation über den Wolken. Selbst Facebook und Google haben für ihre globalen Internetideen bislang kein steuerbares Stratosphärenfluggerät – im Gegensatz zu TAO aus Stuttgart. Die Firma ist auf dem Gebiet autonom fliegender Luftschiffe, die als fliegende Telekommunikationsmasten dienen, die unumstrittene Nummer eins in Deutschland.

Als der Taifun Haiyan vor einigen Jahren über den Philippinen tobte, hinterließ er eine Schneise der Zerstörung. In solch einer katastrophalen Situation fehlt es an überlebenswichtigen Dingen – nicht allein an Nahrungsmitteln, sauberem Wasser oder Arznei und Unterkünften. Um überhaupt Hilfe zu organisieren zu können, ist die Telekommunikation von entscheidender Bedeutung. Für solchermaßen apokalyptische Szenarien hat TAO Luftschiffe entworfen, die bei der Katastrophenhilfe eine wesentliche Unterstützung liefern.

Hierzu gehört der SkyDragon, ein unbemanntes solarbetriebenes Luftschiff, mit dem die überlebenswichtige Telekommunikation innerhalb kürzester Zeit wiederhergestellt werden kann. „Weil der Bedarf an schneller Datenübertragung weltweit noch zunehmen wird, ließen sich Luftschiffe wie der 100 Meter lange SkyDragon ergänzend zur vorhandenen Infrastruktur auch in Ballungszentren einsetzen“, erklärt Bernd Kröplin.

In der Katastrophenhilfe kommt auch „Alf“ zum Zuge. Der Gleitschirm ist ein zuverlässiger Helfer in der Not. Mit ihm können dringend benötigte Hilfsgüter abgeworfen werden. Sie landen am vorgesehenen Platz, weil eine einprogrammierte Steuerung den genauen Zielort anvisiert. „Bei dem Abwurf aus einem Transportflugzeug muss man mit einem Frachtverlust von bis zu 30 Prozent rechnen, weil Güter durch ungünstige Winde abgetrieben oder in unwegsamen Gelände nicht gefunden wurden“, erklärt Kröplin. Vorteile: Der Einsatz benötigt keine Spezialisten, das Gerät ist kostengünstig und kann weltweit eingesetzt werden.

Eigeninitiative fördert Innovationen

International gehört die Ingenieurfirma mit 35 Mitarbeitern zur Branchenspitze. Den Innovationsvorsprung gegenüber den schärfsten Konkurrenten schätzt der Firmengründer und Geschäftsführer Bernd Kröplin auf rund dreieinhalb Jahre. 85 Prozent seines Umsatzes erzielt das Unternehmen mit Marktneuheiten, die es vor der Konkurrenz auf den Markt gebracht hat. Beim Innovationswettbewerb TOP 100 überzeugte das Familienunternehmen nicht nur mit Projekten, sondern auch mit seinen verschiedenen Innovationsprozessen. „Wir führen zum Beispiel morgendliche Mitarbeitergespräche über den Forschungsstand und eruieren weiterführende Ideen, Entwicklungsschritte, Hindernisse und Möglichkeiten gemeinsam“, sagt Kröplin. „Eigeninitiative und Ideen der Mitarbeiter sind stark gefragt. Dafür leisten wir uns sogar einen eigenen Think-Tank.“ Rund 90 Prozent aller Ausgaben fließen in neue Innovationen.

Der Chef ist Querdenker

Bernd Kröplin ist ein Querdenker, der sowohl als interessierter Forscher als auch als vorausschauender Unternehmenslenker seine internationale Erfindertruppe leitet. Der Heisenberg-Stipendiat war Professor an der Universität Stuttgart, an der er 28 Jahre lang das Institut für Statik und Dynamik der Luft- und Raumfahrtkonstruktionen (ISD) leitete. „Wir entwerfen, entwickeln und bauen Luft- und Raumfahrtkonstruktionen. Insbesondere die leichten Strukturen, die neuartigen Antriebs- und Batteriekonzept und die innovativen Materialien verarbeiten wir auch in anderen Projekten“, erläutert Kröplin die Vielfalt in seinen Firmenräumen und Versuchshallen.

Die ersten Flugversuche starteten er und seine Mitarbeiter 1991 gemeinsam mit der Universität Stuttgart. „Wir wollten weltweit das erste unbemannte Luftschiff mit einem Solarantrieb entwickeln und konstruieren“, berichtet der TAO-Chef. Heraus kam „Lotte“, das erste von drei Luftschiffen gleicher Bauart, das 1993 über der Internationalen Gartenausstellung in Stuttgart schwebte. Lotte ging aber üblicherweise nicht zum Vergnügen in die Luft, sondern wurde eingesetzt, um beispielsweise Luftverschmutzungen zu messen, ohne selbst die Luft zu verschmutzen. SkyDragon ist der entfernte Nachfahre von Lotte.

Experimente mit Zink, Luft und ein Eisbär als Vorbild

Fliegen in großen Höhen braucht ein spezielles Energiemanagement, angepasste Batterien und eine ausfallsichere Energieerzeugung. „Wir beschäftigen uns seit mehreren Jahren mit alternativen Systemen“, erläutert Kröplin, „und experimentieren mit einem Zink-Luft-Batterie-System, das zunächst am Boden zum Antrieb von Automobilen ausgelegt wurde. Es ist aber auch als stationärer Energiespeicher einsetzbar.“ Neben der Sicherheit und Umweltverträglichkeit soll dieses Batteriesystem eine Reichweite von 300 Kilometern gewährleisten und innerhalb von fünf Minuten nachladbar sein, so das anvisierte Ziel. Finanziert werden viele Projekte über Risiko-Kapitalgeber, Fördergelder oder auch EU-Mittel.
Viel Aufmerksamkeit erreichte TAO auch mit dem sogenannte „Eisbär-Bau“, der vor dem Institut für Textil- und Verfahrenstechnik in Denkendorf steht. Mit innovativen Solarkollektoren und einem speziellen Energiespeicher von TAO ist das Gebäude ein Vorbild für energieeffizientes Bauen. Die patentierte Speicherentwicklung kann im Sommer genügend Wärme aufnehmen, um den Pavillon im Winter beheizen zu können. Das Speichermittel besteht aus Silika-Gel. Laien kennen es als kleine Kügelchen, die in Tütchen verpackt als Trockenmittel für feuchtigkeitsempfindliche Waren dienen. Die Kügelchen ziehen Wasser an. Beim Trocknen nimmt das Gel die Wärme auf, die es wieder abgibt, sobald es feucht wird. So entsteht ein hocheffizienter Energie-Wärmetauscher, der die Wärme der zugeführten Luft auch noch Monate später abgeben kann – ganz nach Bedarf.

Erfindergeist mit starkem Team

Das kreative Chaos in den Räumen der TAO Group in Stuttgart-Vaihingen erinnert ein wenig an Daniel Düsentriebs Erfinderwerkstatt und hat dennoch System. Überall stehen Flugmodelle in verschiedenen Größen und Varianten und warten zwischen neu entwickelten, leichten Solarmodulen und aufblasbaren Notfallzelten auf ihren Einsatz. Hier liegen Werkzeug und jede Menge neuartiger Materialien aller Art nebeneinander, die Kreativität initialisieren und zum sofortigen Zusammenbau drängen. Neue Ideen treiben die Ingenieure, Chemiker, Mechaniker, Philosophen und Luftfahrtingenieure der TAO Group an – manchmal bis spät in die Nacht.

tao-group.de