Die Supertrolli-Macher

Christoph und Heike Ruck vom Weingut Rux kämpfen leidenschaftlich gegen das verkorkste Image des Trollingers an. In Mühlhausen produziert das Paar den "Nimbus": einen schweren, dunklen "Supertrolli".

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© Uli Reinhardt/Zeitenspiegel
Heike und Christoph Ruck auf ihrem Weingut beim Etikettieren der Flaschen

Das Rebenreich von Christoph und Heike Ruck ist zwei Hektar groß und dreigeteilt: Ein Weinberg in Mühlhausen. Einer in Münster. Ein Hektar am Cannstatter Zuckerle, einer der besten Weinbaulagen in Stuttgart – ideale Ausrichtung zur Sonne, steile Weinbergterrassen, beste Muschelkalkböden. Das Stück Zuckerle hat ihnen Heike Rucks Großvater vermacht, mit Trollinger-Reben vom Ur-Ur-Opa, 100 Jahre alt.

Fast hätten sie ihn rausgerissen, den Trollinger. Weil kein Connaisseur ihn trinken würde, diesen farblosen, ollen Schwabenwein, der wächst wie Unkraut und so viel Arbeit macht, dass sich selten etwas anderes lohnt, als ihn genossenschaftsmäßig zur Einheitsbrühe zu mixen. Doch im letzten Moment, beschwipst von Ehrgeiz und Lokalpatriotismus, entschieden sich die Rucks anders: Es muss doch möglich sein, daraus ein kleines Schmuckstück zu machen!

Erfreuliches Ergebnis ihres Übermuts ist ein Trollinger, der weit entfernt ist von grünhenkeligen Bauchgläsern und biederem Opa-Feeling. „Nimbus“ heißt der kleine Schatz. Einer der außergewöhnlichsten Trollinger der Region, findet Bernd Kreis, den als ehemaliger Chef-Sommelier des Stuttgarter Edelrestaurants Wielandshöhe selbst ein gewisser Nimbus umgibt. Und Kenner, die es beim Gedanken an Trollinger sonst schüttelt, bezeichnen ihn als „Supertrolli“: Er habe etwas „Geheimnisvolles“ an sich. Normalerweise, sagt Heike Ruck, entschuldige man sich dafür, einen Trollinger zu machen. „Die Lösung ist: Man muss es mit Selbstbewusstsein tun.“

Heike und Christoph Ruck, 40 und 39 Jahre alt, sind im Weinberg aufgewachsen. Er mit dem Vater im fränkischen Iphofen. Sie bei den Großeltern in Stuttgart. Beide haben studiert, Geisteswissenschaften, und fanden, dass da die Bodenhaftung fehlt – das erdige Gefühl, die Luft, die Sonne, der Regen. Dann haben sie sich kennengelernt. Und beschlossen, ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen. Im ersten Jahr, 2008, produzierten sie 2.000 Flaschen. In der zum Weinkeller umgebauten Garage des Großvaters. Im nächsten und übernächsten 4.000 Flaschen, darunter ein Sauvignon Blanc, über den das Gourmetmagazin „essen und trinken“ schrieb, er sei kraftvoll, mit Kräuteraroma und einem Hauch grüner Bohnen. 2011 zogen sie mit ihrem Wein in eine ausgediente Gärtnerei. Wo Salatköpfe lagerten, liegt nun hektoliterweise Spätlese. Seit November 2011 sind sie hauptberufliche Weinbauern, 20.000 Flaschen produzieren sie im Jahr. Die Bo’teca di vino, ein Gourmetrestaurant für ausgesuchte Gesellschaft und noch ausgesuchtere Weine, gehört zu ihren Kunden. Der noble „Goldene Adler“ in Heslach, das Stuttgarter Szenerestaurant „5“.

Die Ambitionen des jungen Winzerpaars lässt schon der Verkaufsraum in Mühlhausen erahnen: Ein Gams- und ein Hirschgeweih hängen über naturbelassenen Eichentischen mit dezent-grauer Filzauflage, dahinter, wie ein Gemälde, die Fensterfront mit Panoramablick auf Felder und Wiesen. Edel sieht’s aus bei den Rucks, nach Landhausstil im Design-Modus. „Wein ist ein Lifestyle-Produkt geworden“, sagt Heike Ruck. Da muss halt auch das Ambiente passen.

Der beschwingte Plan ging also auf. Sie haben ein Schmuckstück geschaffen. Wie weiter? „Fünf Hektar Weinberg!“, sagt Heike Ruck. „Geile Weine produzieren!“, sagt ihr Mann. Darauf einen Supertrolli.

Text: Anna Hunger